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Ibiza-Staatsanwältin packt aus: Politische Einflussnahme blockiert Ibiza-Ermittlungen

Weil sie kein Feigenblattverfahren führen wollte, hat sich eine der wichtigsten Korruptions-Staatsanwältinnen Österreichs aus dem Ibiza-Verfahren verabschiedet. Christina Jilek hat am Donnerstag im parlamentarischen U-Ausschuss beschrieben, wie politische Interventionen ihre Ermittlungsarbeit in der Korruptionsstaatsanwaltschaft gestört haben. Und wie sie als Ermittlerin in der wichtigsten politischen Korruptionscausa des Landes mit ÖVP-nahen Machtklüngel in Konflikt geriet. „Befreien Sie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aus ihrem politischen Korsett“, bittet Jilek die Abgeordneten. Ihre Aussage gilt als Paukenschlag.

Ibiza-Staatsanwältin packt aus: Politische Einflussnahme blockiert Ibiza-Ermittlungen
Haberi Sesli Dinle

“Ich habe intern alles versucht, das Verfahren so zu führen, wie es für mich vertretbar ist”, sagt eine der wichtigsten Korruptionsstaatsanwältin des Landes, Christina Jilek, am Mittwoch im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Doch politische Weisungen, überbordende Berichtspflichten und umfassende Interventionen hätten sie und ihre AnwaltskollegInnen an der Ermittlungsarbeit gehindert. So enorm, dass Jilek nach 13 Jahren als Korruptionsanwältin „mit Leib und Seele“ das Handtuch warf. Seit Jänner ist sie Zivilrichterin am Landesgericht Graz. „Ich bin nicht bereit, ein Feigenblattverfahren zu führen“, sagt Jilek zu ihrem Abschied aus dem Ibiza-Verfahren.

Jilek spricht leise und ernst bei ihrem Auftritt im U-Ausschuss. Aber was sie sagt, dröhnt wie ein Paukenschlag. „Das hat es noch nie gegeben, dass eine Staatsanwältin, die in der wichtigsten Causa der Republik ermittelt, so mit den Vorgesetzten und dem Ministerium abrechnet“, schreibt Falter Chefredakteur Florian Klenk auf Twitter. „Eine der stärksten Staatsanwältinnen des Landes sagt gerade im Parlament aus und die ganze Republik sollte ihr zuhören“, schreibt der Jurist Oliver Scheiber über die Befragung.

UNABHÄNGIGE ERMITTLUNGEN WAREN POLITISCH UNERWÜNSCHT

Jilek ist nicht bereit, von ihrem Berufsethos als Korruptionsbekämpferin abzukehren – und legt sich dafür mit mächtigen, ÖVP-nahen Kreisen im Justizministerium an: Die Anwältin wollte Zeugen und Schuldige vernehmen, Beweismaterial beschaffen – in der wichtigsten politischen Korruptionscausa des Landes. Auf politische Freundeskreise und konservative Machtklüngel nahm sie keine Rücksicht – und das kam nicht überall gut an. „Zügig, ergebnisoffen und frei von politischer Einflussnahme“ wollte sie das Verfahren führen, bemerkte aber bald, dass das nicht möglich war. Sie ging. Aber nicht im Stillen: Sie erhebt schwere Vorwürfe gegen hohe Beamte im Justizministerium.

Jileks Aussagen im parlamentarischen U-Ausschuss zeigen: Eine politisch unbefangene Ermittlung in der Ibiza-Causa war vom ersten Tag an unerwünscht (wie auch der Falter hier ausführlich beschreibt). Das legt Jilek anhand von drei Vorfällen präzise dar: 

1. WEISUNG: KORRUPTIONSANWÄLTE SOLLTEN NICHT ZUM IBIZA-VIDEO ERMITTELN

Als am Freitag, 17. Mai 2019, das Ibiza-Video in den Medien erstmals in Ausschnitten veröffentlicht wurde, kommt noch am späten Abend eine Weisung der Oberstaatsanwaltschaft: In dieser teilte Johann Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, den Korruptionsanwälten mit, sie sollen vorerst in der Ibiza-Sache nicht (!) ermitteln.

Als ich das gelesen habe, hat es mich hingesetzt. Ich hab das wirklich nicht für möglich gehalten. Das war für mich unfassbar, dass es so etwas wirklich gibt”, erklärte Jilek in der Befragung.

Bald kommt heraus, dass Fuchs im Auftrag des berüchtigten Sektionschefs im Justizministerium, Christian Pilnacek, handelte. „HBM (gemeint ist Herr Bundesminister Josef Moser (ÖVP), Anm.) möchte WKStA (also der Korruptionsstaatsanwaltschaft) keine aktive Rolle zukommen lassen“, schrieb Pilnacek aus dem Justizministerium kurz davor an Jileks Vorgesetzten Fuchs. Auch mit den Medien soll die Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht sprechen, lässt Pilnacek Wissen. 

Das war „sehr ungewöhnlich“ und kam „ohne Begründung“, erklärte Jilek den Abgeordneten. Die Ibiza-Causa fällt schließlich in die Kernaufgabe der WKStA: nämlich die Korruption auf Regierungsebene zu verfolgen.

Die Korruptionsanwälte ermittelten dennoch, nutzten das bereits laufende Verfahren einer Kollegin zu Vereinsspenden. Die Arbeit lief am Wochenende scheinbar auf Hochtouren, die Anwälte legten Zahlungen eines Immobilienkonzerns an einen FPÖ-Verein vor. Schließlich musste die Weisung zurückgenommen werden, der Anfangsverdacht war erdrückend. Übrig bleibt: Die wichtigsten Korruptionsanwälte der Republik konnten ihr Recht auf Ermittlungen in der Ibiza-Causa nur durch eine Hintertüre durchsetzen – entgegen der anfänglichen Weisung aus dem Justizministerium. Erwünscht waren sie nicht. 

2. SCHREDDERGATE: KORRUPTIONSANWÄLTE DÜRFEN NICHT ERMITTELN, AKTEN NICHT ANS PARLAMENT LIEFERN

Fünf Tage nach dem Bekanntwerden des Ibiza-Videos lässt ein enger Mitarbeiter von Kanzler Kurz fünf Festplatten aus dem Kanzlerbüro schreddern. Mittlerweile weiß man, dass darunter nicht nur Druckerfestplatten waren, sondern auch zwei Festplatten von Laptops, wie sie standardmäßig in HP-Laptops (EliteBook) eingebaut sind. Gernot Blümel hatte als Kanzleramtsminister exakt so einen Dienstlaptop.

Jilek interessiert sich für den Vorfall, weil eine Verbindung zur Causa Ibiza nahe liegt. Doch nach kurzen Ermittlungen entzieht die Oberstaatsanwaltschaft der WKStA den Fall. Die Korruptionsanwälte wollten gerade das Handy von Schreddermann Arno M. sicherstellen und den IT-Beauftragen im Kabinett Kurz/Blümel befragen. Dazu kommen sie nicht mehr, sie müssen auf Weisung abbrechen. Die WKStA darf nicht mehr ermitteln, die Staatsanwaltschaft Wien übernimmt – und stellt die Ermittlungen bald darauf ein

Bildergebnis für kontrast blümel laptop

Doch das ist nicht alles: Die Oberstaatsanwaltschaft fährt mit schweren disziplinarrechtlichen Geschützen gegen Jilek auf. Denn die hat die Weisung, dass die Akten der Schredder-Affäre nicht dem Untersuchungsausschuss des Parlaments vorgelegt werden sollen, im Ermittlungstagebuch vermerkt. Und das wiederum wurde später an den U-Ausschuss übermittelt. Oberstaatsanwalts-Chef Fuchs bestrafte Jilek dafür mit einer „Ausstellung“ (eine formelle Rüge, eine Stufe vor einem Disziplinarverfahren) im Personalakt der Staatsanwältin. Justizministerin Alma Zadic muss diese Eintragung später zurücknehmen: Sie war grundlos, erkämpfen Jileks Anwälte, die sie auf eigene Kosten engagiert hatte. Diese Rüge sei „der letzte Tropfen“ gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, sagt Jilek im Parlament. 

3.  STÖRFEUER BEI DER ERMITTLUNGSARBEIT: „BEFREIEN SIE DIE WIRTSCHAFTS- UND KORRUPTIONSSTAATSANWALTSCHAFT AUS IHREM POLITISCHEN KORSETT“

Dazu kommen kleine Nadelstiche, ständige „Störfeuer“ bei der Ermittlungsarbeit, wie Jilek es nennt. 180 Berichte mussten die Korruptionsanwälte in der Causa Ibiza an die Oberstaatsanwaltschaft schreiben. Die Berichtsaufträge hätte das Personal nicht stemmen können, die Korruptionsanwälte seien kaum mehr zur Ermittlungsarbeit gekommen. Außerdem muss die WKStA der Oberstaatsanwaltschaft bei bedeutenden Verfahrensschritten drei Tage im Vorhinein berichten –  etwa über Hausdurchsuchungen, das ist gesetzlich so geregelt. Und das wurde in der Ibiza-Causa zum Problem: Man fürchtet, dass Verdächtige gewarnt wurden und Beweismittel wegschaffen konnten:

 

„Es hatVerdachtsmomente gegeben, dass es Geheimnisverrat in Bezug auf Hausdurchsuchungen gegeben hat“, sagt Jilek.

 

Bei der ersten Tranche der Casinos-Hausdurchsuchungen etwa, wo Novomatic-Chef Harald Neumann laut eigenen Aussagen „bereits seit 14 Tagen“ auf den Besuch der Korruptionsanwälte gewartet habe. Die Korruptionsanwältin Jilek fordert daher dringend, diese Berichtspflicht abzuschaffen: Unabhängige Ermittlungen seien nicht möglich, wenn Beamte mit Parteinähe betroffen sind. Das ruiniere das Anti-Korruptionssystem.

Und sie bittet die Abgeordneten um eine Justizreform: Befreien Sie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aus ihrem politischen Korsett. Die WKStA müsse ausschließlich der Kontrolle der unabhängigen Gerichte unterliegen. „Eine effektive, schlagkräftig und zügige Korruptionsbekämpfung ist nicht möglich, solange die Antikorruptionsbehörde WKStA unter politischer Aufsicht steht“, sagt sie. Das heißt: Dem Justizministerium soll die Aufsicht über die Korruptionsstaatsanwaltschaft entzogen werden, auch kein vom Parlament bestellter Generalstaatsanwalt soll übernehmen – sondern unabhängige Gerichte.

Tarih: 11-02-2021

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